Stefan Raab
- Lutz C Meier
- 15. Sept. 2024
- 1 Min. Lesezeit
Er ist die Vollendung dessen, was Friedrich Schlegel vor gut 200 Jahren prophezeite, nämlich, dass in 100 Jahren die Ironie, von der er träumte, verstanden würde. Noch mal einige Jahre später haben wir mit dem Phänomen Comedy dieses Ziel erreicht. "Die Geschichte wiederholt sich als Komödie", hieß es bei Marx. Aus den hehren Absichten einer ironischen Hochkultur wurde eine feixendes Ironieverständnis in der Kulturindustrie in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts. Eine schon von Nietzsche diagnostizierter Untergang der Kultur wurde nun für alle sichtbar und eine Verdummungshypothese des modernen Menschen wurde zu dieser Zeit ruchbar. Was vor gut 130 Jahren der Hochkultur aufging, nämlich dass wird verdummen würden, das wurde in der Hochphase des Comedy übernommen. Genau in diese Kerbe haute Stefan Raab in den 90er Jahren: die Menschen sind verblödet, was eine Ironie nahelegt desjenigen, der sie uns vorführt. Gut gelaunt und mit viel Musik im Blut wurde die Hypothese der Dummheit ein ums andere Mal gefunden, aber auch gesucht und quasi hervorgekitzelt. In manchen Fällen, vielleicht sogar in den meisten, stimmt sie nicht. Sie ist ein Konstrukt, das performativ immer wieder auch hergestellt werden muss und das Mittel dazu ist Unverschämtheit, die andere dumm ausschauen lässt. Auch die plötzlich quasi assoziativ eingespielten Dummheitsbeweise sind im Prinzip ein Abwasch des Schlegelschen Ironiekonzeptes. Die Ironie der Geschichte will es, dass die Comedians es selbst gar mitbekamen, dass sie eine Reprise waren. Selbstüberschätzung wurde zur Norm. In einer peinlichen Idolatrie wurde Stefan Raab gehuldigt. Der Scherz traf auf Ernst. Mit weicher Birne scherzte Raab auf der anschließenden Pressekonferenz weiter. Es ist vielleicht unangemessen nach so einer Show drauf hinzuweisen, aber: Auch er ist nur ein Mensch.
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